Die Tage neun und 10 – ATX

Good Morning & Good Bye

Es war nicht früh, es war verdammt früh! Aber es ist nie spät einem Wecker zu sagen, was man von ihm hält, und sei es nur, das man ihm den Stecker zieht und zwar endgültig! Mit einem nervig blubbernden Quietschen verstummte meiner und ich sah als letzte Anzeige nur noch 06:50 und das war’s.
Das tat wirklich gut, besonders da ich wusste, das es für diesen Wecker und ich mich das erste und letzte Mal war, das wir etwas zusammen erleben würden, denn heute Reise ich ab. Aber bevor ich das gastliche Orlando endgültig verlasse, mache ich noch einen Abstecher zu meiner heiß ersehnten ATX der Astronaut Training Experience. Vorher aber noch ein schnelles Abschiedsfrühstück bei Erika, und oh Gott, heute ausnahmsweise erst um Acht Uhr geöffnet, eine Stunde zu spät, wieder mal ein schlechtes Omen? Nein, das kann nicht sein, darf nicht sein, hat nicht zu sein. Positiv denken, positiv, es kann nur besser werden, also denke ich positiv…

ATX – Das Vorspiel

Also ab nach Cape Canaveral, den Weg kenne ich ja mittlerweile auswendig, und zur Astronauts Hall of Fame. Bitte nicht, hier ist ja gar nix los, ah, da eiern noch ein paar andere genauso herum. Leute wenn vorne alles zu ist, dann versuchen wir es doch mal hinten herum. Treffer, da ist der richtige Eingang, klein, macht aber einen stilvolleren Eindruck als die Massenabfertigungs-Schleusen die man hier sonst nutzen darf. Hm nett, hier ist eher das Flare eines VIP-Golf-Clubs angesagt. Hallo, mein Name ist, klar, meine Kleidergröße?
Wie nett, erst mal wurden wir mit neuen Polo-Shirts und NASA-Umhänge-Bändchen nebst ID-Karte, personalisiert versteht sich, ausgestattet und den Shuttle-Teams Atlantis, Discovery und Endever zugewiesen. Meines soll die Endever sein. Spannend, als erstes standen die Themen Schwerelosigkeit und Orientierungssinn auf dem Programm. Dazu sollten wir zum einen in ein Geschirr geschnallt und unter die Decke gehangen werden. Und wieder wurde es persönlich. Jetzt wollten die auch noch mein Gewicht wissen, nicht sehr fair aber was soll man auch machen, ich habe dann die Waage bestiegen und das harte Urteil der Jury über mich ergehen lassen: paßt. Freude.

Die Einweisung

Also schwebe ich mit eingeklemmter Familienplanung eine Sprossenwand rauf und runter, sehr geil, mit einer einfachen Bewegung meines Fingers kann ich mich bewegen oder sonstr etwas dazu beizutragen.
Dann geht es in die Waschmaschine, hier wird man auf einem Stuhl festgeschnallt und in allen drei Achsen umhergewirbelt. Hört sich schlimmer an als es ist, die entsprechenden Sprüche unseres Imstructors bzgl. Speiwinkel und-weite ignorierend. Das Adrenalin war jetzt in den Haarspitzen angekommen.

Hiernach ging es in den Mission Control Room, hier wurden uns die Vorgänge, welche die Bodenmanschaft durch führen muss, kurz demonstriert. Der Raum war, wie alle folgenden natürlich nur eine Simulationskammer, aber funktionsfähig, wie auch die nachfolgenden. Alle Schalter in den einzelnen Kammern hatten tatsächlich eine Aufgabe und die falsche Bedienung ergab einen Fehler. Und das kann unglücklich enden…
Als wir damit durch waren ging es in den Simulator für die beiden Missions-Spezialisten bzw. den Commander und Piloten. Hier saßen wir immer in zweier Teams, denn der Weltraum ist eine Team-Sportart, vor PCs mit leicht modifizierten Eingabe-Geräten. Mit dem Roboterarm umzugehen war gar nicht so einfach, aber den Shuttle zu landen war ein Heimspiel. Bestes Ergebnis der Gruppe, ich hatte unter den neun Kollegen auch nur zwei ersthafte Gegner.
Jetzt durften wir in den richtigen Shuttle-Simulator und jeder durfte sich die Toilette wie auch den Pilotensitz genauer ansehen. Auf letzterem lag komischer Weise das Hauptinteresse aller, komisch aber auch…
Jetzt hatten wir uns eine Pause verdient und auch wieder eine Überraschung, wo man sonst echt für alles zahlen muss war hier alles inklusive, wie Getränke, Snacks oder der Demonstration wie man einen Becher voll Flüssigkeit innerhalb von Millisekunden in einen Becher voll Wackelpudding verwandeln kann. Anwendungsgebiet: Auffangen von Menschlichen Ausscheidungen und Bindung der selben, auf das im All kein ‚ersthaftes‘ Malheur passiert.

Die Simulation

Jetzt kam die Lotterie und jeder von uns wurde, für die einmalige große Simulation, an eine Position in der selben ausgelost. Vom Commander, über die Missions-Sezialisten bis hin zur Boden-Crew, wurde jeder Name aus dem Hut des Instructors gezogen. Danach ging es auf die einzelnen Positionen und um dem Ganzen den richtigen Drive zu geben, bekam jeder ein eigenes Drehbuch in die Hand. In diesem war ganz genau verzeichnet was, wann und welcher Schalter bzw. welche Consolen-Eingaben zu tätigen waren. Einfach nur super geil, eine Spielwiese für Erwachsene! Wenn unser Commander, das ist der der nachher auch den Shuttle landen darf, nicht dauernd die Boden-Crew dazu gebracht hätte vor ihren Consolen vor Lachen zusammen zu brechen, hätten sich alle extrem gut konzentrieren können. Aner selbst den Feuer-Alarm schaften wir sehr relaxed, okay und lachend, zu meistern.
Nachdem die ISS durch uns um ein weiteres Modul erweitert war und wir sowohl den Eintritt in die Erdatmosphäre als auch die halsbrecherische Landung überlebt hatten, vielleicht war die Roll of Freedom um die Längsachse des Orbiters doch keine so gute Idee, kamen wir zum Nachtisch des Tages, dem Treffen mit einem echten Astronauten, um genau zu sein Robert C. Springer (NASA Astronaut)

Nachtisch und Rückkehr nach Miami

Einem der sogar schon zwei Weltraumspaziergänge erleben durfte. Hm, hat ihm aber auch scheinbar einiges gekostet. Er hatte keine Haare mehr auf dem Kopf und sah aus wie mein Schwiegervater, nur in schlank 😉
Nach einem Gruppenfoto, ein Foto unseres Commanders und seines Co-Piloten habe ich abschließend angehangen, konnten wir noch die Hall of Fame besuchen und echte G-Kräfte erleben.
Jetzt war aber auch ich bedient. Mein innerer Hormonspiegel war komplett durch den Wind und mein Magen wollte nun auch nicht mehr in angemessener Form mit mir reden. Also beschloss ich in Richtung Miami aufzubrechen und mir ein Zimmer für die letzten Tage vor New York zu suchen. Von wegen Rückwege vergehen schneller als die Hinwege, es zog sich bis 23 Uhr das ich in Miami war und nochmal bis 1 Uhr das ich ein Zimmer für die Nacht hatte. Am Wochenende ist hier die Hölle los, und das meine ich genau so. Ich war schon kurz davor aus Miami wieder zu verschwinden, denn was sich hier über die Avenue’s wälzte war schon nicht mehr schön. Jungs, die aussahen als würden sie mehr als nur einer Gang angehören und Mädels, die alle in den Videos von Robert Palmer mitgespielt haben, zumindest Kleidungstechnisch. Alle in schwarzen Mini-Kleidchen, egal mit welcher Figur sie von Ihren Eltern bzw. McDonald’s bedacht wurden. Am Anfang sah das noch sehr nett aus, aber nach der zehnten Gruppe von Mädels die alle gleich aussahen, war es echt langweilig. Also ab ins Bettchen und einschlafen, was bei der Kälte hier gar nicht so leicht war.

Spiel-Automaten-Glück

Der nächste Tag (10), begann frierend und sehr windig. Ersteres im Hotel-Zimmer, hier dachte ich noch es würde an der Klimaanlage liegen, dann am Strand, wo es regnend und mich leicht verwindend umher trieb. Als ich mich dann endlich für mein neues Domizil entschieden hatte, ich hatte sie alle kurz abgelaufen, traf mich der nächste Rückschlag. Meine Internet-Buchung wurde aufgrund meiner Kredit-Karte zurückgewiesen. Hallo Deutsche Bank, was geht? Mist, es ist ja Sonntag, und damit sind auch die Internet-Vorteilspreise dahin. Das waren alleine 150€ die ich hätte sparen können, also egal, dann halt direkt im Hotel einchecken.
Sorry Sire, aber ihre Karte ist gesperrt. Nein, ich mag langsam nicht mehr. Und meine EC-Karte? Schließlich wollte ich mich ja nicht zu den Homeless-People in der 23ten Strasse dazugesellen. Ah, der Bank-Automat um die Ecke gibt mir 200$, sehr wenig aber ein Anfang, geht das nochmal? Ja. Um genau zu sein noch zwei weitere Male. Hoffentlich gibt mir der Spielautomat morgen mehr…
Jetzt belohne ich mich mit einem tollen Pizza-Angebot um die Ecke. Schade, wieder eine Mogelpackung, denn wer in good old Germany ein Angebot sieht und es nutzt, bekommt genau das was auf der Packung steht. Hier ist das etwas anders, erstens gibt es zumeist weniger und zweitens kommen hier noch Zusatzkosten dazu, welche die Deutsche Verbraucherschutzzentrale wohl endgültig hätte verzweifeln lassen.
Tja, ein bisserl Dollares habe ich noch, aber für große Sprünge am heutigen Abend, und wenn das Banktechnisch so weiter geht, auch morgen, reicht es wohl erst Mal nicht. Da ich mich eh etwas zerschrotet fühle, so geht es wohl auch den Extesy-Konsumenten am Tag nach ihres Zenits, werde ich noch einen Caipirinha nehmen und mich dieses mal früh ablegen, den morgen ist ja auch noch ein Tag.

Hier die angesprochenen Bilder:

Der Shuttle-Co-Pilot:

Der Commander der Endever:

Und der Youtube-Link zum ATX-Event:

Dieser Beitrag wurde unter USA 2010 abgelegt und mit , , , , , verschlagwortet. Setze ein Lesezeichen auf den Permalink.

Schreibe einen Kommentar