Day 1 – Wiedersehen mit Rita & 2 Sekunden Ruhm

Mein Morgen begann ruhig und dunkel. Kein Türschlagen, keine Kinderparty und auch keine Houskeeping-Arme, die sich stolz stampfend durch die Hotelflure wälzte, um den Kampf gegen die Bettlaken zu bestehen. Oh Gott, habe ich Urlaub oder bin ich im Himmel? Ich fand in der Dunkelheit meine Uhr, und da Geister im allgemeinen keine tragen oder benutzen, habe ich wohl wirklich Urlaub. Wie nice! 8:30 und ich muss noch immer nicht aufstehen… Ich mag mein Zimmer, ruhig und ein schön straffes Bett mit Kopfkissen bis zum abwinken.
Ein Blick durch den Vorhangschlitz brachte mich wieder auf den realen Boden zurück, 8/8tel Quellbewölkung, das heißt es ist kein noch so kleines Stück Himmel zu sehen. Nur Wolken. Egal, für heute ist ja noch nicht so schlimm, aber für morgen wären das keine guten Vorraussetzungen.

Frühstück bei Rita

Mein Magen regte sich. Anfangs noch zurückhaltend, steigerte er sich exponentiell in der dringenden Bitte ihn zu beschäftigen. Ich beschloss mein erstes Frühstück, wie im letzten Jahr, in einem Diner zu mir zu nehmen. Warum also nicht bei Rita vorbeischauen? In fünf Minuten war ich vor der Travelodge und habe mein Schiff im Parkbereich vertäut. Als ich den Diner betrat, schaute mich Ritas Ehemann durch die Küchenluke an, strahlte und kam zur Begrüßung nach vorne. Rita schnalzte ein kurze, „ah, back again“ und schob mir einen O-Saft vor die Nase mit einer Selbstverständlichkeit, als wäre es 8 Tage seit meinem letzten Besuch und nicht 8 Monate her. Der nachfolgende Berg aus Spielei, Bacon und Pancakes beschäftigte meinen Magen eine Weile, sodass ich mich ein wenig meiner Umwelt widmen konnte.

Casey Anthony

Schon auf dem Weg zum Diner ist mir die hohe Dichte an Hubschraubern und Filmteams aufgefallen. Und als ich auf dem Dach des Diners ein Reportage-Aufnahme-Setting sah, dachte ich mir schon das diese Meute sichtlich nicht hier war um meine Rückkehr zu zelebrieren. Ob ich den Nachrichtensprecher im Anzug-Sakko mit Hemd und Krawatte und Badehose verklagen sollte? Hm. Ich weiß nicht ob ich dieses semi-erotische Bild jemals wieder aus meinem Geist verbannen und normal eine Live-Reportage mir ansehen kann. Ständig sehe ich unterhalb des Fernsehers, wie der nicht gezeigte Körper-Teil des Reporters in Badehose, Boxershort oder Slip aussieht, argh. Wie soll man da noch konzentriert die Nachrichten sehen…

Daher beschloss ich der Dinge auf den Grund zu gehen. Gegenüber des Diners steht das Gerichtsgebäude und auf dessen Rückseite konnte ich die größte Konzentration an skandierenden, Spruch-Bändern oder Mikrofon schwenkenden Menschen ausmachen. Casey und Caylee Rufe wechselten sich ab, wobei ich nicht sagen kann welche Spezies hier stärker vertreten war, Gerichtsfans oder Filmteams. Und für diese war heute der grosse Tag, an dem das Urteil nach einem zwei-jährigen Prozess gesprochen werden sollte. Casey Anthony wurde darin vorgeworfen ihre Tochter Caylee getötet zu haben, was in Amerika zu einem grossen Medienecho und Bevölkerungsinteresse führte.

AT&T, 2 Sekunden Ruhm und der Weltuntergang

Nachdem meine Neugier befriedigt war kehrte ich in mein Hotel zurück. Die Vorbereitungen für den morgigen Tag mussten noch abgeschlossen werden und neben dem offenen Punkt bzgl. des Motorrad-Verleihs musste ich noch dringend eine ständige Verbindung ins Internet sicherstellen. Leider weigerte sich meine AT&T-Karte beharrlich Kontakt zum eigenen Firmenserver herzustellen. Oh bitte nicht der gleiche Spass wie im letzten Jahr! Mein erster Versuch bei AT&T einen Ansprechpartner zu finden schlug fehl, da ich direkt im Service-Center für Groß-Industrie-Anlagen gelandet war. Wireless ist also nicht gleich Wireless. Der dritte Versuch brachte mich schliesslich zum richtigen Ansprechpartner und eine halbe Stunde später klappte es auch mit dem Internet ohne das Hoteleigene WLAN zu nutzen.
Gedankenverloren zappte ich mich durch die Fernseh-Kanäle, um bei Chanel 13 hängen zu bleiben. Dieser Sender versprach alle 15 Minuten das Wetter passend zum Shuttle-Startkomplex und die resultierenden Wahrscheinlichkeiten für einen Start zu präsentieren. Genau das was ich brauche! Als Füllsel wurden verschiedenen Nachrichten gereicht, ah, jetzt kam die Aufzeichnung zum Casey-Fall hier aus Orlando. Ups, die Szene über die die Kamera schwenkt kenne ich doch. Ja, und genau da laufe ich am Bildrand entlang. Wow, ob ich mir jetzt Autogrammkarten zulegen muss?

Wahrscheinlich nicht. Gerade hat sich die Himmelsfarbe in ein düsteres graugrün gewandelt und es fängt so heftig an zu regnen, das man die andere Strassenseite nicht mehr erkennen kann. Geht jetzt die Welt unter? Das wird doch wohl hoffentlich nicht so bleiben? Also ich habe das bestimmt nicht bestellt. Zu allem Überfluss zeigt jetzt das Fernsehen Ausschnitte aus Titusville, dem Sternendörfchen beim KSC, das ganz schön unter Wasser steht. Start-Wahrscheinlichkeit für morgen liegt nur noch bei 30%. Okay, heute Abend esse ich meine Teller leer. Versprochen.
Und es wird schlimmer mit dem Wetter, an ein geordnetes Verlassen des Hotels ohne Noahs Arche ist nicht mehr zu denken. Also rufe ich bei Harley Orlando an und das Ende des Tages aus. Zum Glück hat einer der Fernseh-Götter entschieden am heutigen Abend alle Enterprise-Filme zu zeigen. In Ermangelung ersthafter Alternativen neuem ich das Angebot an.

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