Day 2 – Harley Davidson & last Space Shuttle Launch

Lady Gaga weckte mich, nicht ganz so „smooooth“ wie ich es mir vorgestellt hatte, aber so bestimmt das ich mich aus meinem Bett bewegen musste. Der erste Griff ging zur Fernsteuerung, Chanel 13 mein Local News Sender. Und es wurde nur vom Starten, aber nicht von einer Verschiebung, berichtet. Auch der NASA Twitter-Chanel gab kein Anlass zur Sorge, also rein in die Puschen und ab zum Harley-Verleih.

Harley Davidson

Genauso auffällig wie man den Laden vom Highway aus sehen kann, so unauffällig und versteckt findet man ihn in einem Gewerbegebiet vor Orlando. Ohne Uschi, meinem iPad-Navi, hätte ich das Ding nie gefunden. So wartete ich nun geduldig auf Dave, meinem Rental Agent. Hier sind alle extrem durchgelockert, leider auch was die Reihenfolge der Kunden angeht. Schiebt sich hier doch mal ganz locker ein Pärchen aus Tennessee vor mich. Naja, macht ja nix, denn ich bin a) im Urlaub und b) canceln sie den Start ja eh wegen dem schlechten Wetter wieder…

Als ich an die Reihe komme, macht mir Dave erst mal klar das ich mir ‚meine‘ Harley erst mal aussuchen müsste. Hat nicht sogar Harry Potter Hilfe beim Aussuchen seines Zauber-Dingsas bekommen? Naja, hier finden wohl Mensch und Maschine auf anderem Wege zusammen. Meine Wahl fiel auf die flstc heritage softail classic. Sie sah aus wie eine Harley, roch wie eine Harley und kam meinen langen Beinen sehr entgegen 😉 Jetzt nur noch den Papierkrieg hinter mich bringen und dann wie Henry Fonda und Dennis Hopper ganz easy dem Startturm entgegen tuckern. Hm, mussten sich die beiden auch diese ellenlange Einweisung gefallen lassen und von wegen „back to the roots“, das Ding hat ja bald mehr elektronischen Schnickschnack als mein Audi. Also gut, umziehen und los geht es. Und, ja klar war zu erwarten, es fängt an zu Regnen. So wird das heute wohl wieder nix. Egal, erst mal rausfahren und die Maschine kennenlernen.

Auf das Drücken des Startknopfes, der Schlüssel ist hier natürlich ein Funk-Sender, erwacht blubbernd und stampfen das Triebwerk. Meine Herren hört sich das nice an, also rauf auf den Highway und mal kräftig den Gashahn aufdrehen. Sogleich ertönt das Harley bekannte tiefe bellende Inferno und die softail classic stürmt nach vorne. Ja, nicht wie eine FireBlade, aber auch mit dem unbändigen Drang die Freiheit zu verteidigen. Nicht in den Kurven liegt ihre Stärke, aber sonst überall einfach nur Freude.

Shuttle Launch
Jetzt merke ich doch, das der sintflutartige Regen gestern Abend und die beiden Vordrängler, meinen Zeitplan gehörig durcheinander gewirbelt haben. Auf den Strassen ist fast nichts mehr los und doch schmilzt die Zeit dahin, wie ein Milcheis bei den hiesigen Temperaturen. Es hat auch aufgehört zu regnen. Klappt das noch?

11:17
Meine Harley hat den Spot-Punkt erreicht von dem aus ich den Start beobachten möchte. Leider kommt man ohne Spezialpass nicht so nahe ran wie ich mir das gewünscht hätte, aber egal.

11:26
Wir haben ein Delay, die Countdown-Uhr wurde angehalten. Oh nee, doch nicht so kurz davon!

11:28
Eine gefühlte Ewigkeit, alle sind auf einmal verstummt und hören den Freiluft-Radio-Kommentator zu. Die Zeit läuft weiter…

11:29
Ein tosender Jubelt geht durch die Reihen, die Triebwerke wurden gezündet und einige Momente später kann man sehen, wie eine kleine Raumfähre auf einem riesigen Feuerstrahl in den Himmel wandert.
Jetzt kommt die erste Wolkenbank durch die Atlantis hindurchstößt um sich noch ein zweites Mal zu zeigen, bevor sie endgültig im Wolkigen Himmel entschwindet.
Währenddessen berichtet der Kommentator cool, das alle System einwandfrei funktionieren und Atlantis nun zur 135ten und letzten Shuttle-Mission aufgebrochen ist. Ein historischer Tag. 50 Jahre nachdem der erste Amerikaner in den Weltraum aufgebrochen ist, wird das selbstbestimmte amerikanische Weltraumprogramm quasi eingestellt.
Wie es weiter geht? Die Stimmung hier ist gemischt. Man sieht freudige wie auch traurige Menschen. Viele hier scheinen mit dem Weltraumprogramm auch Arbeitsmäßig verknüpft zu sein und müssen sich in der nächsten Zeit wohl neue Job suchen. Jetzt, da die Amerikaner, wie schon die ganze Zeit die Europäer, auf fremde Mitfluggelegenheiten angewiesen sind. Ob die Idee, private Firmen als neue Weltraumfluggesellschaften aufzubauen, aufgeht, werden wir wohl in den nächsten zwanzig Jahren erleben. So etwas wie heute, wird es wohl nicht wieder geben. (photo by Scobleizer (Robert Scoble), ich gehörte leider nicht zu den auserwählten Twitter-Followern mit einem spezial Aussichtsplatz)

Heading Orlando

Also ab nach ‚Hause‘. Das Wetter hat ja super mitgespielt. Neben meiner Harley steht eine zweite und deren Besitzer lerne ich auch gerade kennen. Wenn es einen Preis für ‚geflashed‘ sein geben würde, er hätte ihn locker gewonnen. So etwas von freudvoll glücklich ehrfürchtig aufgedrehtes habe ich schon lange nicht mehr erlebt. Da war ich in meiner Freude schon fast betröppelt Traurig. Da er den amerikanischen Bikerlook (Shorts, T-Shirt, JetHelm) unserem Standard vorzieht, ist er auch ganz schnell wieder weg.
Jedoch kaum auf dem Highway, werde ich mit dem zwei-Finger-Gruß von zwei anderen Harley-Fahrern begrüßt. Da sich hier schon der erste kleinere Stau auftut, haben wir Zeit zu quatschen. Der kürzere von Beiden, dafür extrem quadratisch, erzählt mir das sie schon seit vier Wochen kreuz und quer durch ihr wundervolles Amerika fahren. Der zweite sieht aus wie der gealterte Fonda nebst weiblicher Begleitung. Da sie ihre Freiheit genießen, was sich nicht zuletzt an der Missachtung der Geschwindigkeitsvorgaben um mehr als 25mph kennzeichnet, ziehen die drei mit einem lässigen Abschiedsgruß davon.
Die Strecke ist frei, die Sonne scheint, wundervoll…nur wo kommt der Tropfen auf meinem Visier her? Und die anderen Tropfen, also bei der Weihnachtsfabrik anhalten und Regenzeugs anziehen. Jetzt wird der Regen stärker und die Auto-Dichte auch. Na super, von was gibt es hier mehr, Regentropfen pro Quadratmeter oder Autos die stehen bleiben um sich das Schauspiel anzusehen? Mist, das ist hier ein ausgeprägter Stau und zwischen den Autos durchfahren ist hier genauso verpönt wie Zwergenweitwurf. Da ich bereits so einige Geschichten über die hiesigen Gesetzeshüter gehört habe, beschließe ich fürs erste das Spiel mitzumachen und mich in die Doppelschlange einzureihen. Dummer Fehler, saudummer Fehler wie ich später feststellen musste.

Eine Harley ist zum fahren gebaut, nicht zum Schrittfahren, schon garnicht zum langsamen Schrittfahren!
Keine fünf Meilen später spüre ich wie die Kupplung langsam aber sicher sich in den Vorruhestand verabschiedete. Soll vereinfacht heißen, wo eine Kupplung den Antrieb vom Hinterrad trennt, schlich sich bei meiner eine gewisse Ermüdungserscheinung ein. Dies wurde zuletzt so stark, das der Gang auch bei voll gezogener Kupplung noch darinnen war. Ein echtes, Verzeihung, Scheißgefühl. Da es hierzu noch schüttete, entschließe ich mich ein Päusschen unter der nächsten Brücke zu machen. Ich muss ein Mitleid erregenden Eindruck machen. Kaum hatte ich meinen Helm abgesetzt, wurde an einem Van die Scheibe herunter gekurbelt und eine Lady reichte mir eine Flasche Wasser. Super nett und sehr erfrischend. Ich habe es wohl wirklich gebraucht, obwohl ich schon im Laufe des halben Tages über zwei Liter Wasser in mich hineingeschüttet hatte. Alle die von nun an an mir vorbei fahren, schenken mir mitleidige wie auch aufmunternde Blicke oder Handzeichen. Jetzt fehlt eigentlich nur noch ein Gemüse-Sheriff. Hätte ich das mal nur nicht gedacht. Keine fünf Minuten später hält das Highway-Patrol-Auto neben mir an und der Officer versucht mich mit den Worten „Hey Junge, Motorradfahren kann man doch bei jedem schönen Florida-Wetter“ zum weiterfahren zu animieren. Nachdem ich meine aktuelle Kupplungs-Situation beschrieben hatte, bekam ich sehr sympathisch den Freifahrtsschein so lange Pause zu machen wie ich eben brächte.
Zwanzig Minuten später fahre ich weiter, der Stau ist nicht kürzer geworden, aber es hat schon mal aufgehört zu regnen. Kleine Erfolge motivieren. Irgendwann gesellt sich eine Triumph zu mir und ich beschließe mich dem hiesigen Fahrstil anzupassen. Von nun an nutzen wir im Paarflug Ab- und Auffahrten, lassen uns immer wieder mit dem Stau treiben und überwinden so den Verkehr bis zu den Vororten von Orlando. Jetzt läuft es richtig gut und ich komme um 18:20 am DoubleTree an.

Mahi-Mahi

Erst beim Auskleiden bemerke ich, das jeder Eber vor Neid erblassen würde, angesichts meiner durchnässten und wohlriechenden Bekleidung. Und ich meine alle Kleidungsstücke. Bäh, also beschliesse ich ein Bad zu nehmen, mit Schaum, Musik und ohne Rotwein. Warum hat man keine Rotwein auf dem Hotelzimmer, wenn man mal ein Glas braucht…
Da ich nicht mehr in meine Motorrad-Klamotten steigen möchte, beschließe ich das Essen im Hotel einzunehmen. Es giebt Mahi-Mahi, einen lokalen Tiefseefisch mit grünen Bohne, Brokkoli und Kartoffel-Brakets, sehr lecker. Als Nachtisch gesellt sich ein Keylime-Pie hinzu. Süß und aufgrund der Zitrusfrucht sauer zugleich, eine Spezialität Floridas, wie mir versichert wird.
Zum Abschluss dieses erfolgreichen Tages, und vor dem ins Bettgehen, genehmige ich mir einen Long Island Iced Tea. Nicht wirklich kreativ, aber sehr Muskelentspannend. Ich denke heute Nacht werde ich gut schlafen, nicht zuletzt aufgrund der Erfüllung zweier Lebens-Erlebnis-Punkte. Ein toller Tag.

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